Rückleuchten: Restauration

Ekki
Beiträge: 490
Registriert: So 22. Jul 2012, 20:21

Rückleuchten: Restauration

Beitrag von Ekki »

Hallo,

ich habe die Anleitung mal aus dem anderen Thread herausgelöst und hier einem eigenen Thema zugeordnet, damit es nicht untergeht:

Die Ur-DS hat ihre ganz eigenen Rückleuchten, bis Mai 1958, um genau zu sein. Diese bestehen aus drei Teilen: Innere Reflektoren, Gehäuse und Kappe für die innere Kennzeichenbeleuchtung. Das Besondere ist die Kombination aus schwarz lackierter Stahl-Kappe und verspiegelter Trennlinie zwischen Rücklicht und Bremslicht.


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Der Erhaltungszustand ist meist sehr mäßig, da die Stahlkappen stark rosten und die Verspiegelung blind und weiß wird. Hinzu kommen diverse Kratzer, die sich im Laufe der über 50 Jahre so im Plastik ansammeln.


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Ich habe originale Ur-Rückleuchten in einem bemerkenswert guten Zustand hier: Kaum Rost, überschaubare Kratzer und gute Verspiegelung.


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Aber perfekt sind sie leider nicht: Die schwarze Lackierung zeigt bei näherer Betrachtung diverse Schrammen und erste Rostansätze machen sich breit. Die Hauptgefahr liegt da übrigens gar nicht auf der Außenseite, sondern innen zwischen Metall und Plastik, weil sich dort die Feuchtigkeit sammelt und so alles von „innen nach außen“ rostet. Das sieht man gut, wenn man die Rückleuchte öffnet und von hinten reinguckt.


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Derartige Rostflecken muss man im Keim ersticken, weshalb die Metallkappen erst einmal abgenommen werden müssen. Zum Glück sind sie nicht geklebt, sondern werden durch acht gebogene Metalllaschen gehalten. Diese muss man mit einem dünnen Schlitzschraubenzieher gaaanz vorsichtig(!) aufbiegen, damit sie nicht abbrechen.


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Danach kann man die Kappe vorsichtig abziehen (aufpassen, dass man das Plastik nicht zerkratzt.


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Direkt sieht man, dass der Lack auf der Innenseite durch die Feuchtigkeit stark gelitten hat, schön ist das nicht wirklich mehr, aber zum Glück konnte der leichte Rostansatz der Substanz noch nicht schaden.


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Es wird Zeit für eine Restauration.

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Als erstes gilt es natürlich, den Rost komplett zu entfernen, dafür gibt es verschiedene Methoden. Ich habe mich dazu entschieden, ihn mit Dremel und Schmirgelpapier wegzuschleifen.


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Diese Prozedur sollte man gewissenhaft durchführen, damit man keinen Rost übersieht. Anschließend grundiert man das Metall mit Antirost-Grundierung, dann hat man wieder eine solide Substanz.


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Das Gleiche macht man mit der (weniger angegriffenen) Außenseite und schon steht die Kappe wieder richtig gut da:


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Jetzt fehlt noch der Decklack: Original ist da Einschicht-Lack in schwarz seidenmatt (nicht matt oder glänzend) drauf. Den besorgt man sich aus dem Fachhandel und lackiert die Kappen gleichmäßig innen und außen, bis die Grundierung auch in den Ritzen vollkommen abgedeckt ist. Nicht zu dick lackieren, sonst gibt es Nasen!


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Schon sieht die Kappe wieder original neuwertig aus und dürfte weitere Jahrzehnte problemlos überstehen. Jetzt wenden wir uns dem Plastikkorpus zu. Auch der hat im Laufe der Jahre gelitten, vor allem unter dem Metall hat sich viel Staub und Dreck angesammelt:


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Da heißt es erst einmal kräftig putzen, bis der ganze Dreck weg ist, und zwar innen und außen. Spätestens dann fällt einem auf, dass die Verspiegelung des Steges auch nicht mehr perfekt ist. Vor allem auf den kurzen unteren Seiten ist sie teilweise schon „verschwunden“.


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Der Grund ist klar: Die Feuchtigkeit sammelt sich natürlich unten in den Lampen und sorgt so für Oxidation. Besonders deutlich wird der Schaden, wenn man Innen den Schutzlack mit mäßigem Druck putzt. Dann verschwindet dieser an den betroffenen Stellen spurlos und setzt das blanke Acrylglas frei.


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Das Ausmaß der Schäden wird deutlich.

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Aber auch die schönen langen Flächen zeigen bei genauester Betrachtung Fehler: Mit kleinen Nadelstichen sind roter Schutzlack und Verspiegelung durchsetzt.


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Das kann man zwar nur gegen das Licht sehen, trotzdem besteht hier akuter Handlungsbedarf: Durch die Löcher gelangt Feuchtigkeit an die Verspiegelung und sorgt so im Laufe der Zeit dafür, dass diese typischen „Äderchen“ entstehen und sich alles auflöst. Teilweise hat sich die Substanz schon, obwohl sie noch gut aussieht, vom Plastik gelöst. Auch das muss man wie Karies entfernen. Also heißt es kräftig, aber nicht zu roh putzen. Da, wo Verspiegelung und Farbe noch gut sind, löst sie sich auch nicht. Bei starken Beschädigungen empfiehlt es sich, die betroffene Zone komplett zu entspiegeln. Mit Muskelkraft und Acrylpolitur ist das gefahrlos machbar.


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Wichtig ist, dass der transparente Kunststoff absolut glatt und frei von Kratzern ist, je klarer desto besser. Und absolut fettfrei muss er auch sein. Nach diesen Vorarbeiten kleben wir den Rest des Korpus gewissenhaft entlang des Steges ab.


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Jetzt geht es an das Neu-Verspiegeln, da habe ich für den Citroen SM (dessen Rückleuchten an der selben Krankheit leiden) schon eine super Smart-Repair-Lösung entwickelt. Das Wundermittel heißt „Alclad II Chrome“ aus dem Modellbau.


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Dabei handelt es sich um eine Emulsion aus Lösungsmittel und mikrofeinen Metallpartikeln, sie wird benutzt, um Modellautos oder Lexankarossen zu „verchromen“. Wie man sieht, gibt es sie in kleinen Flaschen und sie muss(!) mit einer feinen Airbrushpistole aufgetragen werden, Pinseln oder rollen geht nicht!

Es gibt auch keine Alternative zu Airbrush+Alclad, Chromspray aus dem Baumarkt z.B. sollte man tunlichst meiden, denn: Nicht nur entsteht damit kein gewünschter Glanzeffekt, der Kunststoff der Rückleichten wird durch diese Spraydosen nachhaltig angegriffen und „blind“, also Finger weg!


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Mit der Airbrushpistole trägt man das Alclad in mehreren Schichten dünn auf. Je feiner der Sprühnebel, desto besser der anschließende Glanzeffekt. Zwischen den Schichten immer warten, bis das Lösungsmittel verflogen ist (dauert ca. 2 Minuten). Die Verspiegelung ist fertig, wenn kein Licht mehr durchscheint (gegen Lampe oder Sonne betrachtet). Da Alclad leider nicht abriebfest ist, muss die Verspiegelung nun noch versiegelt werden, genau wie im Original. Dazu suchen wir uns einen Acryl-Lack in originaler, rotbrauner Farbe.


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Ganz wichtig: Auf keinen Fall Acryllack auf Lösunsgmittelbasis verwenden, da dieser Alclad und Plastik angreift. Ausschließlich wassergelöstes Spray verwenden. Ich habe mit Wasser verdünnten Acryllack per Airbrush aufgetragen.


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Nachdem alles getrocknet ist, entfernen wir die Abklebungen und unsere Neuverspiegelung ist abgeschlossen. Jetzt muss der Rest des Gehäuses noch auf Vordermann gebracht werden, das ist eigentlich nicht schwer:

Wir polieren das gesamte Gehäuse außen und innen mit einer hochwertigen Acrylpolitur. Damit verschwinden alle Altersspuren. Gröbere Kratzer schleifen wir vorher mit Schleifpapier feiner Körnung heraus und polieren diese anschließend ebenfalls. Das ist alles reine (nervende) Fleißarbeit, die mit einem schönen Ergebnis aber belohnt wird.


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Die Fotos zeigen, wie schön die Plastiklampen verspiegelt und poliert aussehen, sowohl von innen als auch außen, so muss es sein!


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Die inneren Reflektoren zeigten bei meinen Exemplaren zum Glück keinen Handlungsbedarf, sie spiegeln mehr als genug. Sollten sie hinüber sein, sollte man sich nach Ersatz umsehen (ich glaube spätere Baujahre hatten auch noch diese Einsätze), oder auch mit Alclad neu verspiegeln (dann natürlich kein Schutzlack drüber).


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Nachdem man all die obigen Arbeiten für beide Lampen durchgeführt hat, geht es wieder an den Zusammenbau: Die lackierten Metallkappen steckt man vorsichtig auf die Plastikkörper und achtet darauf, dass weder Lack noch Kunststoff verkratzt werden. Danach biegt man die Laschen wieder gaaaannz vorsichtig zu, Reflektoren rein und fertig sind die alten neuen Leuchten. Jetzt noch mit einem Mikrofasertuch von allen Polierresten befreien und schon strahlen sie im besonderen Glanz:


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In diesem Zustand sehen die Leuchten nicht nur wie neu aus, sondern bieten auch die maximale Sicherheit, da alle Gläser wieder klar sind und die Reflektoren für eine gleichmäßige Lichtbündelung sorgen. Bei der Montage übrigens keine zu starken / großen Leuchtmittel verwenden, da diese sonst schmelzen!

Ich hoffe, dieser erste kleine Rastaurationsbericht hat Euch gefallen. Jaja, ich weiß, es gibt wesentlich größere und wichtigere Baustellen an so einer Ur-DS, aber für mich machen gerade solche kleinen Details eine gute Restauration aus.


;-)


Die Lampen späterer Baujahre können natürlich nach gleichem Verfahren restauriert werden!


Viele Grüße,
Ekki
Robert
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Re: Rückleuchten: Restauration

Beitrag von Robert »

Hallo Ekki,

falls Du es noch nicht weisst: Das Dichtprofil für die Lampen gibt es als Nachfertigung bei Jochen Hoch.

Grüsse
Robert
'59 DS 19/'66 ID 19/'68 DS 21 Pallas/'71 SM in Arbeit/'84 Renault R4F6 in Arbeit/'96 Saab 900 CV/'98 BMW 1100 GS
M. Ferchaud
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Re: Rückleuchten: Restauration

Beitrag von M. Ferchaud »

Hallo Ekki,

bemerkenswerte Überholung der Rückleuchten.

Kurz noch ein paar Ergänzungen:

- die Metallkappen sind noch besser geschützt, wenn sie rückseitig mit Schutzwachs besprüht werden: dieses hält Feuchtigkeit noch effektiver von der Substanz ab und minimiert den Scheuereffekt zwischen Metallkappe und Kunststoffgehäuse.

- die Firma Grünert (http://www.autolackservice-gruenert.de/chrom.html) in 08228 Rodewisch ist in der Lage, Metall- und Kunststoffteile mit "Chromlack" zu beschichten. Die Oberfläche entspricht nach dem Auftrag (sowohl vorder- als auch Rückseitig durch transparente Materialien hindurch) einer verspiegelten Fläche. Nach mehreren Jahren kann die Schicht leicht vergilben (wir haben mal einen durchsichtiges PMMA-Zierstab lackieren lassen, der mittlerweile siebe Jahre alt ist).

Viele Grüße
M.
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